Donnerstag, 17. Juni 2021, 19.30 Uhr
„Abgesagt“ – Corona und die Kunst
Der 17. Juni 2021: ein heißer Abend im Studio der Melanchthon-Akademie, sowohl was die Temperaturen betrifft als auch die Diskussion über die Situation von Kulturschaffenden während der Corona-Pandemie.
Vor Ort im Studio sitzen Pit Hupperten von den Bläck Fööss und Wolf-Rüdiger Spieler, Leiter der Trinitatiskirche, Musiker und Hochschullehrer, an der Kachel Barbara Förster, Leiterin des Kulturamts der Stadt Köln, und Kutlu Yurtseven, Rapper und Sozialarbeiter. Und wie immer gibt es interessierte Gäste im Online-Raum, diesmal vor allem in der Rolle als solidarisch Zuhörende.
Arnd Henze moderierte gut gelaunt durch den Abend und legte bereits mit der ersten Frage den Finger in die Wunde. Wie ist die Kunstszene durch die Krise gekommen, wie können die freien Künstler überleben, die, wie Pit Hupperten deutlich machte, sehr, sehr spät berücksichtigt wurden und sich als gesellschaftlich nicht relevant erleben mussten.
Frau Förster machte überzeugend deutlich, dass Förderwege verändert werden müssen. Weg von einer reinen Projektförderung, hin zu personenbezogenen Stipendien, hin zu Mindesthonoraren und einer Ausweitung der Leistungen der Künstlersozialkasse, sonst drohe massive Altersarmut.
Die Künstler selbst haben mit Aktionen, wie Alarmstufe Rot, versucht, auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Wolf Rüdiger Spieler formulierte es so: Ich habe es als kränkend erlebt, dass in jeder politischen Rede die Bedeutung von Kunst und Kultur beschworen wurde, es jedoch wenig zupackende Unterstützung gab. Bessere Strukturen zu legen, ist eine Aufgabe der Politik, nicht der Künstler allein.
Gibt es neue künstlerische Strömungen, die das Disruptive der Pandemie ausdrücken? fragte Arnd Henze. Kutlu Yurtseven konnte mit der Microphone Mafia ein neues Album veröffentlichen, in dem natürlich das Erleben zur Sprache kommt. Allerdings seien ja auch alle anderen menschlichen und künstlerischen Themen während der Pandemie existent geblieben. Um Veränderungen wahrzunehmen, sei es noch zu früh. Im Augenblick müsste erst mal das Leben Schritt für Schritt zurückgewonnen werden. „Es gibt viel Hoffnung im Kleinen“ betonte Kutlu Yurtseven.
Pit Hupperten kann dies nur bestätigen, es fängt jetzt klein an, nichts geht einfach so weiter, wie es vorher war. Auch die Bläck Fööss konnten die Zeit der Pandemie kreativ nutzen, ihr Jubiläums-Album genießen und viele neue Songs schreiben, die nun bald eingespielt werden sollen. Was wir erleben, fließt in die Songs ein, wie eigentlich immer, sagte Pit. Und: „in den neuen Songs schwingt auch viel Nachdenklichkeit mit, denn Einsamkeit war ein großes Thema.“
Wie es für viel Ensembles, Chöre weitergehe, sei noch offen, betont Wolf Rüdiger Spieler: mancher Chor wartet schon ungeduldig, dass die Proben wieder beginnen, andere wüssten noch nicht, ob sie weitermachen wollten.
Alle waren sich einig im Aufruf an das Publikum: kommt wieder, besucht Veranstaltungen und spendet für Kunst und Kultur, damit wir 2022 keinen Crash erleben müssen.